Das hilfreichste und wichtigste Mittel, Kinder und Jugendliche gegenüber Verschwörungsglauben zu stärken, sind Präventions- und politische Bildungsarbeit in der Schule. Dabei stellt sich die Frage, wie Kinder und Jugendliche in ihrer eigenen Meinungsbildung gestärkt werden können; wie sie lernen, gesellschaftliche Ereignisse zu verstehen, ohne die Verschwörungsmythen, die ihnen begegnen werden, zu glauben. 

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Um präventiv mit Verschwörungsideologien im schulischen Alltag umzugehen, ist die Förderung folgender Punkte bei Ihren Schüler*innen besonders wichtig:

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Medien- und Informationskompetenz

Strategien für den Faktencheck entwickeln, um den Umgang mit verschiedenen Informationsquellen zu lernen. Dabei geht es nicht nur darum, mit Jugendlichen Strategien zu entwickeln, wie mit gefundenen Informationen zu bestimmten Themen umgegangen werden soll. Es ist ebenso elementar, die Prinzipien von Algorithmen oder die ökonomischen Funktionsweisen der sozialen Netzwerke zu erklären. 

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Ambiguitätstoleranz

Zu verstehen, zu lernen und aushalten zu können, dass es nicht immer eindeutige Antworten und klare Erklärungen sowie Schuldige für bestimmte Ereignisse gibt. In einer komplexen Welt gilt es auch, Widersprüche aushalten zu können. Geschichte findet gleichzeitig statt und: Es gibt Zufälle! Nicht alles, was sich nicht direkt erklären lässt, steht in Verbindung zueinander. 

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Kritisches Denken

Gemäß dem Beutelsbacher Konsens 1→ sind Lehrer*innen dazu angehalten, Schüler*innen zu befähigen, sich eine eigene Meinung bilden zu können und ihnen freie Meinungsbildung zu ermöglichen. 

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Empathie

Das Vermögen, sich in die Lage und Gefühlswelt anderer Personen hineinzuversetzen oder diese zumindest zu verstehen, ist ein grundlegender Baustein für Toleranz – und damit für Demokratie.

Die erste Schwierigkeit im Umgang mit Verschwörungserzählungen im schulischen Alltag ist die eigene Unsicherheit mit dem Thema. Denn vielleicht wissen Sie nicht, ob eine bestimmte Aussage falsch oder gar problematisch ist und ob Sie intervenieren sollten. Es besteht Unklarheit darüber, ob man das Thema nicht größer macht, als es eigentlich ist. Wie soll man die richtigen Gegenargumente parat haben? Trotzdem ist es wichtig, dass Sie reagieren – auch, wenn Sie sich unsicher sind. Es gibt im Umgang mit Verschwörungserzählungen nicht den einen richtigen Weg.

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Es gibt inzwischen zahlreiche Beratungsstellen und pädagogische Hilfestellungen, die Sie kontaktieren oder abrufen können. Auch auf dieser Plattform finden Sie einige Links, unter denen Sie konkrete Hilfe erhalten können. Außerdem können Sie auch unser Team jederzeit kontaktieren, ganz konkrete Fragen besprechen oder bestimmte Unterrichtssituationen mit uns vorbereiten: 

Telefon: 030 40 75 51 20
E-Mail: altreal@modus-zad.de

Doch auch für die Gesprächsführung im Unterricht gibt es ein paar Hilfestellungen, die Ihnen Sicherheit in herausfordernden Situationen geben können:

Achtung: Wenn Sie merken, dass die Diskussion aus dem Ruder läuft, versuchen Sie gegenzusteuern und beenden das Thema für den Moment. Verschaffen Sie sich Zeit, um die Debatte in Ruhe und mit mehr Hintergrundinformationen vorzubereiten, um sie zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu thematisieren. Sie können dann eine längere Frequenz in Ihrem Unterricht zu einem ganz bestimmten Narrativ einbauen. Wenn Sie Ideen für Unterrichtssequenzen brauchen, finden Sie eine kleine Auswahl hier. Übrigens: Auch für diese Vorbereitung können Sie unser Team kontaktieren.  

Vielleicht haben Sie etwas bei Ihren Schüler*innen aufgeschnappt, von dem Sie sich sicher sind, dass es verschwörungsideologische Elemente aufweist. Jetzt gilt es, dies nicht einfach abzutun, sondern nachzufragen und zuzuhören. Vermitteln Sie Ihrem Gegenüber dabei Offenheit und Interesse. Wenn Sie die Argumente nicht verstehen oder Ihnen nicht klar ist, wie genau das alles zusammenhängt, fragen Sie nach und finden Sie mehr über den Hintergrund der Erzählung heraus. 

Versuchen Sie zu erfahren, wieso gerade bestimmten Narrativen und Personen geglaubt wird und anderen nicht. Dabei kann es helfen, folgende Fragen im Kopf zu haben (ohne sie wortwörtlich zu stellen):

• Woher kommen die Informationen?
• Wieso ist gerade z.B. ein*e bestimmte*r Influencer*in für den/die Schüler*in wichtig? 
• Welche Funktion nimmt der Glaube bei dem/der betreffenden Schüler*in ein?
• Welche Anknüpfungspunkte zu der Erzählung gibt es in der Lebenswelt des/der Schülers*in?

Beginnen Sie die Unterhaltung nicht mit den Worten: “Das ist ja eine Verschwörungserzählung!” Sie müssen sonst davon ausgehen, dass das Gespräch beendet ist, bevor es eigentlich begonnen hat. Niemand möchte als Verschwörungsideolog*in o.ä. bezeichnet werden. Schon gar nicht von einer Person, der man prinzipiell unterlegen ist und von der man sich in einer konfrontativen Position in eine defensive Rolle gedrängt sieht.

Seien Sie in der Unterhaltung empathisch und knüpfen Sie an die Lebenswelt Ihrer Schüler*innen an. Lassen Sie Ihre Schüler*innen auch Ängste formulieren. Sprechen Sie aber durchaus an, was Ihnen Sorgen bereitet. Dementsprechend ließe sich auch benennen, welche Gefahren aus der anhaltenden Verbreitung von Verschwörungserzählungen ausgehen könnten – und natürlich, dass auch das verängstigen kann.

Verschwörungsgläubige befinden sich oft in einem Dilemma: Auf der einen Seite ist ihre Community, mit der sie sich zu hundert Prozent einig sind, und auf der anderen Seite steht “der Mainstream”, der ihnen vorhält, an Verschwörungserzählungen zu glauben. Die Fronten sind verfestigt. Gerade bei der Diskussion um Verschwörungserzählungen erhitzt sich die Debatte daher schnell. Die Thematik ist für viele Personen sehr emotional, denn letztlich geht es nicht nur darum, Recht zu behalten, sondern auch darum, nicht das Gesicht zu verlieren. Versuchen Sie, ruhig und gelassen zu reagieren.

Beim Nachfragen geht es nicht nur darum, die Haltung Ihres*r Schülers*in zu verstehen und erklärt zu bekommen, sondern auch darum, Zweifel zu säen. So können Sie es schaffen, dass Ihre Schüler*innen den eigenen Glauben an die Verschwörungserzählung selbstkritisch hinterfragen.

Ab einem gewissen Punkt sind Verschwörungserzählungen immer widersprüchlich. Diese Widersprüche gilt es herauszuarbeiten. Auch mag eine verschwörungsideologische Haltung im Widerspruch stehen zu dem Bild, das Sie persönlich von dem*der Schüler*in haben? Benennen Sie das! Aber seien Sie dabei nicht überheblich, machen Sie sich nicht lustig und lassen Sie auch nicht zu, dass sich andere Schüler*innen lustig machen.

Ob mit Vorbereitung oder spontan: Meiden Sie nicht den Faktencheck. Gerade dieses Vorgehen scheuen Viele – aus Angst, die Debatte könnte verloren gehen. Tatsächlich ist diese Sorge nicht unbegründet. Je gefestigter der Glauben an eine Verschwörung ist, desto mehr vermeintliche Argumente hat eine Person parat, auf die es zu reagieren gilt. Für Sie als Außenstehende*r ist es dann quasi unmöglich, ad hoc einzuschätzen, ob eine bestimmte Quelle verlässlich ist, ein bestimmter Fakt tatsächlich stimmt oder ein Doktor wirklich ein Doktor aus dem relevanten Fachbereich ist. Gleichzeitig ist dieses Wissen immer äußerst selektiv – Argumente aus Studien werden nur zitiert, wenn sie passen etc. Gegebenenfalls fehlt dem*der betreffenden Schüler*in wirklich ein gewisses Hintergrundwissen oder eine Information? 

Zum Beispiel beziehen sich viele Verschwörungserzählungen in Bezug auf die Corona-Pandemie auf eine Aussage des Erfinders der PCR-Tests. Dieser habe gesagt, dass die Tests nicht exakt und keine valide Messung zum Nachweis von Viren seien. Viele wissen aber nicht: Der Erfinder ist bereits 2019, also vor der Corona-Pandemie verstorben und seine Aussage stammt aus den 90er Jahren. Das heißt, er hatte nicht mehr die Möglichkeit, seine Aussage an den heutigen Wissensstand anzupassen. 

Konzentrieren Sie sich nicht ausschließlich auf den Faktencheck, sondern versuchen Sie herauszufinden, wieso Erzählungen geglaubt werden. Schauen Sie gemeinsam mit Ihren Schüler*innen, welche Funktion hinter bestimmten Narrativen und Argumenten steckt. So arbeiten Sie auch präventiv und helfen Jugendlichen dabei, der nächsten Verschwörungserzählung kritischer zu begegnen.

Manche Argumente brauchen Zeit, bis sie tatsächlich wirken. Auch fällt es Betroffenen oft schwer, sich sofort einzugestehen, einem falschen Argument aufgesessen zu sein, das nun nach und nach auseinanderfällt. Es ist daher wichtig, Offenheit und Bereitschaft zu signalisieren, weiter für das Thema zur Verfügung zu stehen, wenn ein Gespräch vorerst zu Ende geht.

Fragen Sie interessiert nach und zeigen Sie Verständnis für bestimmte Haltungen und Ideen. ABER: Ziehen Sie auch klare Grenzen. Gerade im pädagogischen Umgang mit verschwörungsideologischen Narrativen ist es wichtig, klar zu benennen, wo die Linien eines demokratischen Diskurses verlaufen und wann sie übertreten werden. Das ist wichtig, wenn Sie im gesamten Klassenverbund diskutieren und andere Schüler*innen zum ersten Mal mit bestimmten Narrativen konfrontiert sind. Unter allen Umständen müssen Sie die Gefahr aus dem Weg räumen, dass Schüler*innen aufgrund der Diskussion dem Narrativ Glauben schenken. Deswegen machen Sie klar:

• Es werden keine menschenfeindlichen Äußerungen akzeptiert!
• Bestimmte (wiederholt getätigte) Aussagen werden sanktioniert. Volksverhetzung etwa (“Die Juden...!”) ist eine Straftat, der dementsprechend begegnet werden muss.

Bei gewalttätigen Handlungsideen und -aufrufen: Kontaktieren Sie umgehend eine Beratungsstelle. Konkrete Bedrohungslagen sollten zudem der Leitung gemeldet werden. Gemeinsam ist zu entscheiden, ob die Polizei informiert werden sollte.

Besonders das persönliche 1-zu-1-Gespräch kann Menschen in ihrem verschwörungsideologischen Denken verunsichern. Wenn der*die Schüler*in ein vertrauensvolles Verhältnis zu Ihnen hat, wird er*sie sich auf ihre Nachfragen, Kritik und Erklärungen einlassen können. Oftmals auch viel besser als im Klassenverband. Denn in der Klasse müssen bestimmte Rollen eingehalten werden. Ein Abrücken von einer Haltung oder das Eingeständnis eines Fehlers fällt dann gerade jungen Leuten sehr schwer. 

Hören Sie auf Ihr Gefühl und Ihre Erfahrung. Eventuell kann eine offene Diskussion mit der ganzen Klasse, in der Sie auch Elemente aus dem 1-zu-1-Gespräch einbauen, sehr gewinnbringend sein.

Beim 1-zu-1-Gespräch gelten die gleichen “Regeln” wie bei der Diskussion im Klassenverband. Hören Sie zu, stellen Sie Nachfragen, wirken Sie bei Ihren Erklärungen nicht belehrend. Im Unterschied zu der Diskussion im Klassenverband können Sie während eines 1-zu-1-Gesprächs auch auf persönliches Wissen über die Person zurückgreifen. Dieses Vorgehen hilft meist dann, wenn die Ideologie sehr verfestigt wirkt:

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Versuchen Sie beim Nachfragen den/die Schüler*in darin zu bestärken, eigene Haltungen selbstkritisch zu hinterfragen und die Funktion der Verschwörungsideologie selbst zu entlarven.

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• Welche persönlichen Gründe gibt es, an die Verschwörungserzählung zu glauben?

• Gibt es einen Moment, den der*die Schüler*in benennen kann, wann die Verschwörungserzählung wichtig für ihn*sie wurde? Gibt es eine Art “Schlüsselereignis”? Wieso hat die Erzählung plötzlich an Relevanz gewonnen. Daraus lässt sich die Frage ableiten, welche Funktion die Erzählung für den*die Schüler*in erfüllt. 

• Gibt es Freund*innen und Bekannte, die ebenfalls daran glauben und der*dem Schüler*in nahestehen.

• Wann und wieso war der erste Kontakt zu bestimmten Erzählungen?

• Welche Gefühle (z.B. Wut, Trauer, Aggression, Hilflosigkeit, Angst, Freude) gab es beim ersten Kontakt?

• Wieso sind diese Emotionen aufgekommen, wo knüpfen sie an?

• Lässt sich damit erklären, wieso einer Verschwörungserzählung geglaubt wird?

• Was für Gefühle entstehen bei einem bestimmten Narrativ und wieso?

• Wurden das Wissen und die Informationen zu verschiedenen Narrativen über bestimmte Online-Kanäle abgerufen?

• Welche sind das?

• Auf welche Quellen berufen sich die Kanäle/Influencer*innen usw.?

• Was für Informationen sind noch über die Channels oder die betreffenden Personen bekannt?

• Wieso wird nur ganz bestimmten Argumenten geglaubt und andere einfach außer acht gelassen?

Erste Reaktionen auf verschwörungsideologische Narrative im schulischen Alltag:

• Nicht weghören oder schweigen!

• Nachfragen, zuhören, Wissen darüber ansammeln, um was es hier geht und was dahintersteckt

• Welche (auch emotionalen) Berührungspunkte gibt es für die Person?

• Nicht direkt in die Konfrontation gehen, sondern sich das Thema selbst anschauen und in Ruhe die Diskussion vorbereiten

• Fakten checken

• Material für die Diskussion sammeln

• Expert*innen befragen

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Wenn die Zeit im Unterricht nicht reichen sollte: Ist es möglich ein größer angelegtes Projekt/einen Projekttag ggfs. auch mit anderen Klassen zu organisieren?

Vermeiden Sie:

• vorschnelle Urteile zu fällen

• implizit bestimmten Aussagen zuzustimmen oder zu verstärken. (“Mag sein, dass Jüd*innen reich sind, aber…”. Damit verstärken Sie das Stereotyp, alle Jüdinnen*Juden seien reich.) 

• sich in der Widerlegung in bestimmten Narrativen zu verlieren. 

• die Quellen, mit denen sich Jugendliche informieren, zu verteufeln. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass Jugendliche in der Regel keine Tageszeitung lesen, sondern sich über Soziale Medien informieren. Bleiben Sie auch hier wertschätzend. Erst einmal ist es gut, dass sich informiert wird! Im nächsten Schritt können Sie die Funktionsweisen bestimmter Plattformen erläutern und erklären, worauf geachtet werden muss.

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Hier finden Sie eine Liste mit Workshops und Unterrichtseinheiten.